Nachhaltigkeit im Cannabisanbau
Daniel S. Hübner und 21.03.2024
Auf Initiative der USA und Großbritanniens wurde am 10. Dezember 1929 das Opiumabkommen vom Reichstag in Form des Opiumgesetzes in Deutschland verabschiedet. Seit diesem Tag ist Cannabis in Deutschland für den Freizeitkonsum verboten. Heute, fast 100 Jahre später, steht die derzeitige Regierung kurz davor, Cannabis zu entkriminalisieren. Nach dem aktuellen Stand soll es in der ersten Hälfte des Jahres 2024 für jeden volljährigen Bürger möglich sein, bis zu drei Pflanzen zu Hause anzubauen oder dies in einen Anbauverein auszulagern. Während die Auswirkungen auf den Jugendschutz und die Prävention divers diskutiert werden, ist ein Aspekt dieser Novellierung ebenso klar antizipierbar wie weitgehend unbeachtet: Der Cannabisanbau benötigt einen massiven Ressourceneinsatz. Für die Produktion einer hochwertigen Cannabisblüte kommt in Deutschland nur der überdachte Anbau in Frage. Zusatzlicht ist sowohl in der ganzjährigen Gewächshausproduktion als auch in einer geschlossenen Klimakammer notwendig, da Cannabispflanzen eine hohe Menge photonischer Energie benötigen, um zu wachsen und zu blühen. Auch die Klimatisierung der Anbauflächen trägt maßgeblich zur Gesamtenergiebilanz bei. Während im Sommer die Anbauflächen gekühlt werden müssen, ist im Winter ein Heizkonzept essenziell. Die Wasserversorgung, Nährstoffe und Logistikprozesse eingeschlossen, führt dies zu einem CO2-Fußabdruck von 4600 kg/CO2 für jedes produzierte Kilogramm Cannabisblüte. Schätzungen von Branchenexperten Prof. Dr. Haucap von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, gehen davon aus, dass der deutsche Cannabismarkt ein Volumen zwischen 377 und 705 Tonnen Cannabis haben könnte, mit einem CO2-Ausstoß von bis zu 3,24 Mt. Im Vergleich zum gesamtdeutschen Ausstoß hätte die Cannabisproduktion dementsprechend einen Anteil von 0,48%, und im Verhältnis zu allen deutschen Industrie CO2-Emissionen (2022: 111 Mt) einen Anteil von 2,88%. Cannabisproduktion benötigt nicht nur einen massiven Ressourceneinsatz; Cannabis ist ein “Klimakiller”. Dieser Artikel soll dieses Problem bearbeiten und Tipps geben, wie
- Einleitung
Die Nachhaltigkeit im Cannabisanbau gewinnt zunehmend an Bedeutung, angesichts der globalen Herausforderungen wie Klimawandel, Wasserknappheit und der Notwendigkeit, umweltschonende Produktionsmethoden zu entwickeln. Der nachhaltige Anbau von Cannabis steht vor zahlreichen Herausforderungen, darunter der effiziente Umgang mit Ressourcen wie Wasser und Energie sowie die Minimierung von Pestizideinsatz und Bodendegradation. Gleichzeitig eröffnen sich durch den Einsatz nachhaltiger Anbaumethoden erhebliche Potenziale, die ökologische Fußabdrücke verringern und die Produktqualität verbessern können. In diesem Zusammenhang spielen Industrie 4.0 Technologien und künstliche Intelligenz (KI) eine Schlüsselrolle. Sie ermöglichen es, Anbauprozesse zu optimieren, Ressourcenverbrauch zu minimieren und Erträge zu maximieren, indem sie präzise Daten für Entscheidungsprozesse liefern. Durch den gezielten Einsatz dieser Technologien können Anbauvereine nicht nur ihre ökologische Nachhaltigkeit verbessern, sondern auch die Wirtschaftlichkeit ihrer Produktion steigern. Ich forsche beispielsweise seit Jahren an intelligenten Steuerungsmodellen für Lampen, die nicht starr eingestellt sind, sondern auf Grundlage des VPD und der Photosyntheseleistung Photonen bedarfsgerecht erzeugen. Die Integration von KI und fortschrittlichen Technologien in den Cannabisanbau markiert einen Wendepunkt hin zu einer effizienteren und umweltfreundlicheren Zukunft der Branche.
- Grundlagen des nachhaltigen Cannabisanbaus
Die Grundlagen des nachhaltigen Cannabisanbaus umfassen eine Reihe von Anbaumethoden, die darauf abzielen, die Umweltauswirkungen zu minimieren und gleichzeitig die Effizienz und Produktivität zu steigern. Ein verantwortungsvoller Umgang mit natürlichen Ressourcen wie Wasser, Boden und Energie steht im Mittelpunkt dieser Praktiken. Dazu gehört die Implementierung von Wassersparmaßnahmen wie die Nutzung von Tropfbewässerungssystemen, die präzise Bewässerung der Pflanzen ermöglichen und den Wasserverbrauch signifikant reduzieren. Die Erhaltung der Bodenqualität durch den Einsatz organischer Düngemittel und die Rotation von Anbauflächen trägt im Outdoornabau dazu bei, die Bodenerosion zu vermeiden und die Bodenfruchtbarkeit langfristig zu erhalten. Energieeffizienz lässt sich durch den Einsatz von LED-Beleuchtung und energieeffizienten Klimatisierungssystemen verbessern, die den Stromverbrauch minimieren und gleichzeitig optimale Wachstumsbedingungen schaffen. Es gibt auf dem LED markt eine breite Auswahl an Lichtsystemen für den Anbau von Cannabis. Es lohnt der Vergleich. Effizientere Chips dienen nicht nur einer verbesserten Nachhaltigkeit, sondern schonen auch den Geldbeutel. So zählt der Stromverbrauch als einer der größten Kostenpunkte im professionellen Cannabisanbau, gleich nach den Kosten für Fachpersonal. In einem Verein ohne bezahlten Personal i.d.R. sogar der größte Kostentreiber. Hier kann optimiert und eingespart werden. Sowohl beim Kauf als auch beim Betrieb sind einige Punkte beachtenswert:
Effizienz von LED`s
Die Effizienz von LED-Leuchten, speziell für den Cannabisanbau, ist ein kritisches Kriterium, das das Verhältnis von Lichtoutput (in Mikromol) zu der aufgenommenen Leistung (in Watt) beschreibt. Dieses Verhältnis gibt an, wie viel nutzbares Licht pro Joule Energie generiert wird, was wiederum direkten Einfluss auf die Stromkosten pro produziertem Ertrag hat. Bei der Bewertung der Effizienz von Pflanzenleuchten wird zwischen radiometrischen Einheiten (Watt) und photometrischen Einheiten (Mikromol für Photonen im PAR-Bereich von 400-700nm) unterschieden, wobei für den Cannabisanbau zunehmend auch erweiterte Spektralbereiche von 380-780nm berücksichtigt werden, um die Effekte von UV- und Fernrotlicht auf das Pflanzenwachstum einzubeziehen.
In der Praxis kann die Effizienz von Leuchten unterschiedlich betrachtet werden, je nachdem ob es um die Moduleffizienz (Effizienz des Leuchtmittels selbst) oder die Systemeffizienz (gesamte Leuchteinheit inklusive aller Komponenten) geht. Beispielsweise kann die Effizienz eines Standard Natriumdampf Leuchtmittels 1,6µmol/J betragen, wobei Verluste durch externe Komponenten wie Treiber und Reflektoren nicht berücksichtigt sind. Bei LED-Leuchten ist zu beachten, dass die Effizienz mit der Bestromungsstärke variiert; niedrigere Bestromung führt in der Regel zu höherer Effizienz.
Die Systemeffizienz umfasst alle Komponenten der Leuchte, einschließlich Vorschaltgeräte und Reflektoren, und bietet ein realistischeres Bild der tatsächlichen Effizienz der gesamten Beleuchtungseinheit. Für den Cannabisanbau mit LED-Leuchten ist es essenziell, sowohl die Moduleffizienz als auch die Systemeffizienz zu berücksichtigen und Leuchten auszuwählen, die eine hohe Effizienz im gewünschten Betriebsbereich bieten, um den Energieverbrauch zu minimieren und den Ertrag zu maximieren.
Eine Moduleffizienz von 3 µmol/J und mehr sollte angezielt werden, um günstig zu produzieren. Hersteller wie Sanlight gewährleisten dies in neueren Modellen.
- Einsatz von KI und Industrie 4.0 im nachhaltigen Anbau
Der Einsatz von KI und Industrie 4.0-Technologien revolutioniert den nachhaltigen Anbau durch die Optimierung von Schlüsselprozessen wie Bewässerung, Beleuchtung und Klimakontrolle. KI-Systeme können große Mengen an Umweltdaten in Echtzeit analysieren, um präzise Bewässerungsstrategien zu entwickeln, die den Wasserverbrauch minimieren und gleichzeitig die Gesundheit und das Wachstum der Pflanzen optimieren. Sensoren und Automatisierungstechnik spielen eine entscheidende Rolle bei der Überwachung der Anbaubedingungen, indem sie kontinuierlich Temperatur, Feuchtigkeit und Lichtintensität messen. Diese Daten ermöglichen es den Anbauern, die Umgebungsbedingungen automatisch anzupassen und so eine optimale Wachstumsumgebung zu schaffen, während gleichzeitig Energie und Ressourcen geschont werden. Darüber hinaus haben Fallstudien gezeigt, dass der Einsatz von KI-gesteuerten Systemen zur Krankheits- und Schädlingsbekämpfung den Bedarf an chemischen Pestiziden reduzieren kann, indem sie frühzeitig Warnungen aussenden und präventive Maßnahmen ermöglichen. Diese Technologien bieten nicht nur die Möglichkeit, die Effizienz und Nachhaltigkeit des Cannabisanbaus zu steigern, sondern sie tragen auch dazu bei, die Produktqualität zu verbessern und die Betriebskosten zu senken, was sie zu einem unverzichtbaren Bestandteil moderner Anbaumethoden macht.
Eine umfassende Betrachtung von K.I. Technologien in der Cannabisbranche findet ihr hier.
- Ressourceneffizienz durch Technologie
Der gezielte Einsatz spezifischer Technologien kann die Ressourceneffizienz im Cannabisanbau erheblich steigern und gleichzeitig die Umweltauswirkungen minimieren. Im Bereich der Wassernutzung bieten Tropfbewässerungssysteme eine präzise und sparsame Lösung, indem sie das Wasser direkt an die Wurzeln der Pflanzen liefern, wodurch der Verbrauch reduziert und die Wassereffizienz maximiert wird. Zusätzlich ermöglicht das Recycling von Bewässerungswasser eine weitere Reduktion des Wasserverbrauchs, indem das bereits genutzte Wasser aufbereitet und wiederverwendet wird. Die Anwendung von Hydrokultur- und Aquaponik-Systemen adressiert die effiziente Nutzung von Bodenressourcen, indem sie den Anbau von Cannabis ohne traditionellen Boden ermöglichen, was den Bodenverbrauch reduziert und die Möglichkeit bietet, Anbausysteme auch in nicht-traditionellen Umgebungen zu implementieren. Diese Technologien tragen nicht nur zur Ressourcenschonung bei, sondern verbessern auch die Kontrollierbarkeit und Präzision im Anbauprozess, was zu höherer Produktqualität und Ertragseffizienz führt. Durch die Integration dieser Technologien können Anbauvereine eine nachhaltigere Produktion realisieren, die sowohl ökologisch verantwortungsvoll als auch ökonomisch vorteilhaft ist.
- Die Rolle von Genetik und Züchtung
Die Rolle der Genetik und Züchtung im nachhaltigen Cannabisanbau ist von entscheidender Bedeutung, da die Auswahl und Entwicklung bestimmter Cannabisstämme direkt zur Verbesserung der Umweltverträglichkeit und Ressourceneffizienz beitragen kann. Durch die gezielte Züchtung von Stämmen, die einen geringeren Wasserbedarf aufweisen oder eine höhere Resistenz gegenüber Schädlingen und Krankheiten besitzen, lässt sich der Einsatz von Bewässerung und chemischen Pestiziden signifikant reduzieren. Moderne Techniken der selektive Züchtung ermöglichen es, diese Eigenschaften gezielt zu verbessern und zu verstärken. Dabei wird die Entwicklung von Cannabisstämmen ermöglicht, die optimal an spezifische Anbaubedingungen und Nachhaltigkeitsziele angepasst sind.
Eine aktuelle Entwicklung ist die Verwendung von triploiden Saatgut. Triploides Saatgut im Cannabisanbau bezieht sich auf Pflanzen, deren Zellen drei vollständige Sätze von Chromosomen besitzen – ein Zustand, der als Triploidie bekannt ist. Im Gegensatz zu diploiden Organismen, die zwei Chromosomensätze haben (wie es bei den meisten Pflanzen und Tieren, einschließlich des Menschen, der Fall ist), bieten triploide Cannabis-Sorten spezifische Vorteile, die insbesondere im kommerziellen Anbau von Interesse sind. Einer der Hauptvorteile von triploidem Cannabis ist seine Sterilität; diese Pflanzen produzieren keine lebensfähigen Samen, dadurch können sie mehr Ressourcen für die Entwicklung der Blüten aufwenden. Dies führt potenziell zu einer höheren Ernteertragsrate und kann die Notwendigkeit für zusätzliche Nährstoffe oder Wasser reduzieren, was den Ressourcenverbrauch optimiert.
Saatguthersteller sprechen von bis zu 20% höheren Erträgen. Gutes triploides Saatgut kriegt man beispielsweise bei Humboldt Seeds Company. Eine preisgekrönte Breeding Firma mit Sitz in Humboldt County und Barcelona.
Diese fortschrittlichen genetischen Ansätze tragen nicht nur zur Reduktion des ökologischen Fußabdrucks des Cannabisanbaus bei, sondern verbessern auch die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der Produktion, indem sie zu höheren Erträgen und einer verbesserten Pflanzengesundheit führen. Die Investition in Forschung und Entwicklung im Bereich der Genetik und Züchtung ist somit ein zentraler Baustein für die Zukunft eines nachhaltigen und ressourcenschonenden Cannabisanbaus,
- Integration von Nachhaltigkeitsprinzipien in das Vereinsmanagement
Die Integration von Nachhaltigkeitsprinzipien in das Management von Anbauvereinen ist essentiell, um langfristig erfolgreich und umweltverträglich zu wirtschaften. Ein erster Schritt besteht darin, klare Nachhaltigkeitsrichtlinien zu etablieren, die alle Aspekte des Anbaus, von der Wassernutzung bis hin zur Energieeffizienz, abdecken. Vereine sollten regelmäßige Schulungen und Workshops für ihre Mitglieder anbieten, um das Bewusstsein und das Wissen über nachhaltige Anbaumethoden und Technologien zu fördern. Dies kann durch interne Ressourcen oder durch die Einladung externer Experten erfolgen. Darüber hinaus ist es empfehlenswert, ein System zur Überwachung und Bewertung der Umweltauswirkungen einzuführen, um Fortschritte zu messen und Bereiche für Verbesserungen zu identifizieren. Die Förderung des Austauschs von Best Practices innerhalb des Vereins kann ebenfalls dazu beitragen, dass Mitglieder voneinander lernen und innovative Lösungen gemeinsam weiterentwickelt werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Zusammenarbeit mit nachhaltigen Lieferanten und Dienstleistern, um die gesamte Lieferkette nachhaltig zu gestalten. Durch die aktive Einbindung und Schulung seiner Mitglieder in nachhaltigen Praktiken stärkt der Verein nicht nur seine interne Gemeinschaft, sondern leistet auch einen wertvollen Beitrag zum Umweltschutz und zur Nachhaltigkeit in der Cannabisindustrie.
- Fazit und Ausblick
Die Integration von Nachhaltigkeitsprinzipien und der Einsatz fortschrittlicher Technologien im Cannabisanbau sind entscheidend für die Reduzierung der Umweltauswirkungen und die Steigerung der Effizienz in der Produktion. Die Optimierung von Bewässerung, Beleuchtung und Klimakontrolle durch KI und Industrie 4.0-Technologien, der verantwortungsbewusste Umgang mit Ressourcen sowie die Auswahl und Züchtung umweltangepasster Cannabisstämme spielen eine zentrale Rolle in der Realisierung nachhaltiger Anbaumethoden. Zudem trägt die Schulung und Einbindung der Mitglieder von Anbauvereinen in nachhaltige Praktiken wesentlich zur Förderung eines umweltbewussten Anbauumfeldes bei. In der Zukunft ist mit weiteren Fortschritten in der Anwendung von KI und Automatisierungstechnologien zu rechnen, die eine noch präzisere Steuerung der Anbaubedingungen ermöglichen und die Ressourceneffizienz weiter erhöhen werden. Darüber hinaus bietet die Weiterentwicklung genetischer Modifikationstechniken das Potenzial, Pflanzen zu züchten, die noch besser an nachhaltige Anbauverfahren angepasst sind. Der fortlaufende Fokus auf Forschung und Entwicklung im Bereich nachhaltiger Anbaumethoden und -technologien wird es ermöglichen, die Cannabisproduktion zukunftsfähig zu gestalten, wobei die Balance zwischen ökologischer Verträglichkeit, sozialer Verantwortung und ökonomischer Viabilität gewahrt wird.