Die Rolle der Protokollnotiz zum Cannabisgesetz im Bundesrat
Daniel S. Hübner und 22.03.2024
Geplante Änderungen bezüglich des Cannabisgesetzes (CANG):
Es ist geschafft. Der Vermittlungsausschuss wurde im Bundesrat abgelehnt. Somit steht der Legalisierung am 01.04.2024 nichts mehr im Wege. Um auf die Länder einzuwirken, hat Prof. Dr. Lauterbach jedoch eine Protokollnotiz angehängt. Was es damit auf sich hat und wie diese Notiz die Gesetzgebung und damit auch das Vereinsleben beeinflusst, soll im folgenden Artikel erläutert werden.
Das Cannabisgesetz (CanG) markiert einen bedeutenden Wendepunkt in der deutschen Drogenpolitik, indem es spezifischen Gruppen, insbesondere Cannabis-Anbauvereinen, ermöglicht, Cannabis legal für den Eigenbedarf ihrer Mitglieder anzubauen. Dieses Gesetz öffnet neue Türen für die Organisation und den Betrieb von Cannabis-Anbauvereinen, die nun mit bis zu 500 Mitgliedern gemeinschaftlich Cannabis anbauen dürfen. Die Neuregelung zielt darauf ab, eine kontrollierte, sichere und qualitätsgesicherte Produktion von Cannabis zu gewährleisten und gleichzeitig den Schwarzmarkt einzudämmen.
In jüngster Zeit hat Gesundheitsminister Lauterbach eine Protokollnotiz im Bundesrat eingereicht, die Änderungen am CanG in Aussicht stellt. Diese Entwicklung ist von großer Bedeutung, da sie die Rahmenbedingungen für die Cannabis-Anbauvereine direkt beeinflusst. Die Protokollnotiz signalisiert eine Bereitschaft, auf bestimmte Bedenken einzugehen und den Gesetzestext gegebenenfalls anzupassen, um eine breitere Akzeptanz zu finden. Für Anbauvereine ist es daher essentiell, die Diskussionen und Entscheidungen rund um das CanG genau zu verfolgen.
Politischer Prozess
Im Hintergrund des CanG steht ein komplexer politischer Prozess, in dem der Bundesrat eine Schlüsselrolle spielt. Der Bundesrat repräsentiert die Bundesländer und hat die Aufgabe, die Länderinteressen auf Bundesebene zu vertreten. Bei Gesetzen, die die Länder betreffen oder ihre Interessen berühren, kann eine Zustimmung erforderlich sein. Dies ist beim CanG glücklicherweise nicht der Fall. Trotzdem hat der Bundesrat die Möglichkeit einen Vermittlungsausschuss zu berufen der in einem längeren Prozess die Interessen der Länder einbezieht. Da dies die Legalisierung weiter verzögert, ja vielleicht sogar komplett ausgebremst hätte wollten dies Legalisierungsbefürworter unbedingt verhindern. Eine Möglichkeit gegen die Bedenken der Länder vorzugehen war die Abgabe einer Protokollnotiz. Also eine Absichtserklärung des Gesundheitsministers das Gesetz “nachzuschärfen”. Die Einreichung einer Protokollnotiz durch einen Bundesminister ist ein nicht alltäglicher Schritt, der zeigt, dass die Regierung gewillt ist, auf Kritikpunkte einzugehen und den Gesetzestext anzupassen, um eine breite Zustimmung zu erreichen.
Eine Protokollnotiz im legislativen Verfahren dient dazu, die Position der Bundesregierung zu spezifischen Aspekten eines Gesetzes zu klären oder Änderungen vorzuschlagen, die während der Verhandlungen im Bundesrat berücksichtigt werden sollen. Sie ist zwar nicht rechtlich bindend, kann aber erheblichen Einfluss auf den Gesetzgebungsprozess haben, indem sie die Grundlage für Kompromisse und endgültige Gesetzestexte bildet. Für Cannabis-Anbauvereine bedeutet dies, dass sie die Entwicklungen und den Inhalt solcher Protokollnotizen genau beobachten sollten, um potenzielle Änderungen im Gesetz frühzeitig zu identifizieren und darauf reagieren zu können.
Inhalt der Protokollnotiz
Insgesamt behandelt die Protokollnotiz drei Themenbereiche, die für das CanG und damit natürlich auch Anbauvereinigungen entscheidend sind:
Amnestie aus Gerechtigkeitsgründen geboten
- Anerkennung des Aufwands für Justizbehörden bei der Umsetzung rückwirkender Straferlasse für Cannabisdelikte durch die Bundesregierung.
- Betonung der Notwendigkeit einer Amnestieregelung aus Gerechtigkeitsgründen, gestützt auf Artikel 313 EGStGB von 1974.
- Hinweis auf die geringe Wahrscheinlichkeit von Haftentschädigungen oder Strafbarkeit von Amtsträgern, gestützt auf § 1 Abs. 1 StrEG.
Weiterführende Unterstützung im Kinder- und Jugendschutz/Suchtprävention
- Verpflichtung des Bundes zum Ausbau von Aufklärungs- und Präventionsangeboten, insbesondere zum Schutz von Kindern und Jugendlichen.
- Plan zur Fortführung und Intensivierung der Informationskampagne zur Aufklärung über Risiken des Cannabiskonsums.
- Bereitstellung von Unterstützung für die Länder durch Entwicklung von Schulungs- und Beratungsangeboten und Bereitstellung finanzieller Mittel für Präventionsmaßnahmen.
Klarstellungen und Flexibilisierungen bei Anbauvereinigungen
- Einführung eines gestuften Inkrafttretens von Regelungen zur Vorbereitungszeit für Länder hinsichtlich des Erlaubnisverfahrens für Anbauvereinigungen.
- Anpassung der Kontrollfrequenz von Anbauvereinigungen von jährlich auf regelmäßig zur Reduktion des Vollzugsaufwands.
- Klarstellung zur Verhinderung von kommerziellen Großanbauflächen und zur Ausschließung der Auslagerung bestimmter Tätigkeiten an gewerbliche Anbieter, um den nicht-gewerblichen Charakter des Anbaus zu gewährleisten.
Mögliche Auswirkungen auf den Betrieb einer Anbauvereinigung
Die in der Protokollnotiz zum Cannabisgesetz (CanG) behandelten Themenbereiche weisen unterschiedliche Relevanz für Cannabis-Anbauvereine auf:
Amnestie aus Gerechtigkeitsgründen: Die Amnestie betrifft in erster Linie Personen, die wegen Cannabisdelikten strafrechtlich verfolgt wurden, und hat somit keinen direkten Einfluss auf die operativen Tätigkeiten oder die Struktur von Cannabis-Anbauvereinen. Sie adressiert hauptsächlich die Justizbehörden und zielt darauf ab, Gerechtigkeit für früher unter altem Recht verurteilte Personen herzustellen.
Weiterführende Unterstützung im Kinder- und Jugendschutz/Suchtprävention: Diese Maßnahmen haben indirekte Auswirkungen auf Anbauvereine, insbesondere durch die bereits vorhandene Anforderung, einen Sucht- und Präventionsbeauftragten zu benennen. Die vom Bund vorgesehene Unterstützung, etwa durch Schulungsangebote und finanzielle Mittel für Präventionsmaßnahmen, unterstreicht die Bedeutung, die der Präventionsarbeit im Rahmen des Anbaus und der Verteilung von Cannabis durch die Vereine beigemessen wird. Diese Punkte sind zentral für die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und fördern den verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis im Sinne des Kinder- und Jugendschutzes. Bei der Organisation des Vereins sollte dem Jugendschutzkonzept und Suchtprävention besondere Beachtung geschenkt werden.
Klarstellungen und Flexibilisierungen bei Anbauvereinigungen: Dieser Bereich hat den größten direkten Einfluss auf Cannabis-Anbauvereine und umfasst mehrere für die Vereine entscheidende Aspekte:
- Das gestufte Inkrafttreten der Regelungen gibt den Vereinen und den Ländern Zeit zur Vorbereitung auf das Erlaubnisverfahren, was eine sorgfältige Planung und Implementierung der notwendigen Strukturen ermöglicht.
- Die Anpassung der Kontrollfrequenz von Anbauvereinigungen von “jährlich” auf “regelmäßig” reduziert den administrativen und finanziellen Aufwand für die Vereine und ermöglicht eine flexiblere Handhabung der staatlichen Überwachung.
- Die Klarstellungen zur Verhinderung von kommerziellen Großanbauflächen und zur Beschränkung der Auslagerung bestimmter Tätigkeiten zielen darauf ab, den nicht-gewerblichen Charakter und die Gemeinnützigkeit der Anbauvereinigungen zu wahren. Diese Regelungen fordern die Vereine auf, ihre Betriebsmodelle so zu gestalten, dass sie den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und dennoch effizient wirtschaften können.
Insgesamt betrachtet, adressieren die Punkte zwei und drei indirekt und direkt die operative und strategische Ausrichtung der Cannabis-Anbauvereine, indem sie konkrete Anforderungen und Rahmenbedingungen für deren Tätigkeiten setzen. Die Amnestie hat zwar keine direkte Auswirkung auf die Vereine selbst, kann jedoch indirekt zur Entstigmatisierung von Cannabis beitragen und somit das Umfeld, in dem die Vereine agieren, positiv beeinflussen.
Lauterbach führt in seinem Dokument aus, dass eine Gesetzesänderung bis spätestens zum 1. Juli 2024 vorgesehen ist.